Tag 13- es geht los
- jensmehnert
- 8. Juli 2024
- 3 Min. Lesezeit
In Deutschland erkranken etwa 400-500 Kinder jedes Jahr an Leukämie, wir haben ca. 11 Millionen Kinder (bis 13 Jahre ) in Deutschland. Die Zahl und Wahrscheinlichkeit ist als zum Glück sehr gering, aber die 400-500 Kinder trifft es halt und dann ziemlich hart und unvorbereitet.
Mika hat eine ALL - akute lymphoblastische Leukämie Typ B. Dies ist auch die häufigste Form. Sie entsteht im Knochenmark- es kommt zu vermehrter Bildung von kranken weißen Blutkörperchen, die die gesunden Leukozyten und roten Blutkörperchen und Blutplätchen verdrängen, weil sich die Kranken schneller, häufiger und unkontrollierter vermehren. Dadurch entstehen auch die Symtome. Es kommt verschiedene lebensnotwendige Funktionen wie die Immunabwehr, die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff und Blutstillung werden massiv beeinträchtigt und führen unbehandelt sehr wahrscheinlich zum Tod.
Es gibt noch verschieden Risikofaktoren, Untergruppen etc, Mika hat aber zum Glück bisher keine weiteren Risikofaktoren.
In Deutschland werden je nach Typ der Leukämie am Anfang alle Kinder gleich mit einem Standardprotokoll behandelt- welches dann im Laufe der Behandlung ggf. immer angepasst wird und dann auch je nach Kind und wie die Therapie anschlägt verändert wird. Dies wird an sog. Stratifiezierungspunkten überprüft und ggf. angepasst.
Wir starten heute mit dem Protokoll I
Wir warten jetzt quasi, dass die Drachenmedizin los geht, es werden wohl 2 Infusionen eine durchsichtige und eine rote. Und schon wieder dieses komische Gefühl auf etwas unbekanntes, nicht greifbares zu warten.
Die Chemotherapie ist durch für heute, der kleine Mann ist durch und die Eltern sind durch.
Er hat das heute gut gemacht und ist so toll und plappert mit den Schwestern 🥹
Die DrachenMedizin ist jetzt in seinem Körper- hoffen wir sie wirkt.
Ich wurde heute schon paar mal gefragt wie oft er jetzt Chemotherapie bekommt- tatsächlich „nur“ einmal die Woche- jetzt die nächsten 4 Wochen erstmal- es wird ja dauernd geschaut- das erste mal am 15. Tag wie die Chemotherapie wirkt, ob sie gut anschlägt oder nicht oder ob noch etwas anderes passiert und davon hängt dann auch immer ab wie es weiter geht und ob wir mit „Standard“ weiter machen oder anpassen müssen- alles etwas auf Sichtflug.
Die Nebenwirkungen sollen sich die nächste Tage einstellen- man wartet förmlich darauf- heute auch schon- ich schaue dauernd zu ihm und frage wie es ihm geht, einfach im Fall der Fälle schnell reagieren zu können.
Wir bekommen viele wundervolle Hilfsangebote und Unterstützung- einen Riesen Dank dafür an alle- das kann ich gar nicht oft genug sagen!
Ein Kollege von mir hat etwas tolles Angeboten, was für sein wunderbar menschliches Herz spricht! Ich kann nicht sagen was es war - aber zeugt von unglaublicher Größe!
Der Sozialdienst hat uns heute auch besucht und eine kleine Checkliste mit Dingen die jetzt auf uns zu kommen, die wir beantragen müssen etc. Besprochen - das hilft total und man fühlt sich in dieser Ausnahmesituation nicht ganz so allein- zumindest hat man ein paar Anhaltspunkte, um was man sich alles kümmern muss.
Das ist der 2. Teil der Chemotherapie heute- die Drachenmedizin:
Der Tag bisher war ganz gut, jetzt zum Abend hin sind seine Werte wieder so schlecht, dass er Thrombozyten bekommt. Eben hat er bitterlich geweint und gesagt, er weiß nicht was los ist…. Der arme kleine Kerl und die ganzen Kämpfe und fremden Stoffe in seinem Körper machen ihm zu schaffen und er kann nicht mal „greifen“ wo es herkommt oder was es ist… Ich bin froh im Krankenhaus mit ihm zu sein, ich lauere und beobachte ihn die ganze Zeit um zu sehen wie es ihm geht, ob sich etwas verändert, er schmerzen hat, spucken muss oder sonstiges. Und die Gewissheit zu haben, klingeln zu können und sofort istnjemand da der sich im Notfall kümmert ist ein gutes Gefühl. Diese dauernde HabAcht Stellung und Wachsamkeit ist kein absolut kein gutes Gefühl.
Ma sehen wie die 1. Nacht nach der Chemotherapie wird, wird sie gut, wird sie schrecklich, was passiert? Wenn ich ihm doch noch irgendetwas abnehmen, für ihn ertragen könnte. Dieser Kontrollverlust und völlig in den Händen der Ärzte und Pfleger zu sein (die alle toll sind) ist echt zermürbend und so gar nicht meins. Ich agiere lieber und hab die Dinge in Hand und kann steuern, als nur zu reagieren und mich auf andere verlassen zu müssen.
Wie geht es euch?
Wir kennen uns nicht und trotzdem sind mir beim Lesen dieses Blogs mehrmals die Tränen gekommen. Mika ist so tapfer und ich drück euch unglaublich doll die Daumen, dass die Nebenwirkungen moderat bleiben und ihr ihm weiterhin Vertrauen und Zuversicht geben könnt.
Ich habe selber zwei Kinder (9 und 4) und ich bete zu Gott, dass sie nie ernsthaft krank werden. Ich kämpfe selber seit Februar gegen Leukämie (AML) und das durchsichtige und rote Zeug, was Mika heute bekommen hat, kommt mir bekannt vor. Die Nebenwirkungen kamen bei mir versetzt und erst nach einer Woche. Genießt auf jeden Fall die guten Tage und Kinder sind zäh - Mika wird das mit eurer Unterstützung packen! Ich schick euch ganz viel Kraft…
Alles wird gut und Mika, der kleine Kämpfer, wird alles überstehen und ein langes schönes Leben haben 🍀🍀🍀🍀
Paradox: der einzige Weg wie Mika gesund wird, ist ihn systematisch mit Chemotherapie zu vergiften damit die krankhaften Zellen verschwinden (leider dann eben auch gesunde Zellen). Diese Entscheidung für und über dein eigenes Kind hinweg ist hart und komplett was anderes als wenn du selbst Patient wärst. Du schaffst das Jens.
Mir sind damals bei der ersten Chemo-Infusion bei unserer Tochter die Tränen geflossen - aber auch das darf sein. Alles ist erlaubt in dieser emotionalen Ausnahmesituation.
Wir drücken die Daumen 🙏❤️🍀